Stell dir vor du verhungerst, obwohl dein Bauch prall gefüllt ist.
Grund ist nicht etwa ein Drei-Gänge-Menü oder die XXL-Pizza, sondern Plastik. Viel Plastik.
Schwer verdaulich? Absolut.
Das Thema Plastikmüll und Meeresschutz ist mit Sicherheit kein neues. Es ist aber auch kein Schnee von gestern, denn es wird immer noch zu viel Plastik produziert, konsumiert und (falsch) entsorgt.
Gefangen in Plastik
10 Millionen Tonnen Plastikmüll gelangen schätzungsweise jährlich ins Meer.
Das ist ungefähr sieben mal so viel, wie sämtliche Elefanten Afrikas gemeinsam auf die Waage bringen.
Was für den Menschen zunächst einmal nur Müll ist, wird für die Lebewesen im Meer schnell zur qualvollen Todesursache:
Meeresschildkröten, die eine vorbei treibende Plastiktüte für eine Qualle halten und daran ersticken,
Fische und Säugetiere, die sich im Müll verheddern und dadurch verletzt werden,
Seevögel, die Plastikteilchen fressen und irgendwann verhungern.
Der Großteil des Meeresmülls sinkt jedoch wie ein Teppich in die Tiefe und erstickt den Meeresboden, seine Pflanzen und seine Bewohner.
Alle Flüsse fließen ins Meer
Wie gelangt der Müll eigentlich ins Meer?
Angenommen du gehst in Frankfurt einkaufen und dir fällt eine Plastikverpackung aus der Tasche. Mitten auf die “Zeil”. Ein laues Lüftchen trägt das Stückchen Plastik zum Mainufer. Dort liegt es eine Weile unbemerkt herum, bis der nächste starke Regen kommt. Der Wasserstand des Mains steigt und reißt das Stückchen Plastik mit und bringt es zum Rhein. Das kleine Stück Plastik geht nun auf große Fahrt, sagt den Kölnern “Hallo” und fließt irgendwann in die Nordsee.
Während der Weg der Plastikverpackung noch mit dem Auge nachverfolgt werden kann, fließen Unmengen kleiner Plastikteilchen scheinbar unsichtbar mit ins Meer. Mikroplastik, das aus unseren Shampooflaschen und Waschmaschinen ins Abwasser gelangt und von den Kläranlagen nicht gefiltert werden kann.
Ein Teil davon gelangt auf die Felder, ins Grundwasser, in die Flüsse und schließlich ins Meer. Bis in die Atmosphäre können kleinste Plastikteilchen getragen werden — und regnen dann irgendwann wieder in unserem eigenen Vorgarten herab.
Eine Insel aus Plastik
Plastikmüll ist für die Umwelt besonders problematisch, da es sich nicht abbaut. Es ist gemacht für die Ewigkeit.
Durch UV-Strahlen, Wellen und Wind zerlegt sich unsere Plastikverpackung in viele winzige Partikel, Mikroplastik genannt (
Aus den Augen aus dem Sinn? Leider nein.
Durch Strömungen im Meer sammelt sich ein Teil dieser Mikroplastikteilchen an verschiedenen Punkten der Welt und bildet regelrechte Inseln aus Müll. Die größte dieser Müllinseln könnte man mittlerweile schon als Kontinent klassifizieren:
Der “Great Pacific Garbage Patch” liegt im Nordpazifik zwischen Kalifornien und Japan und hat eine Fläche von rund 3,4 Mio. km². Das ist halb so groß wie Australien.
Folgen für den Menschen
Der Plastikmüll im Meer hat nicht nur Folgen für seine tierischen Bewohner, sondern auch für uns Menschen. Am Ende der Nahrungskette zu stehen hat nicht nur Vorteile: Wir essen all das mit, was unsere Nahrung aufgenommen hat. Das gilt nicht nur für das Fischgericht, sondern auch für vegane Alternativen. Mikroplastik gelangt auch auf die Felder, ins Grundwasser und in die Luft.
Es verwundert also kaum, dass kleine Plastikteilchen bereits in Obst und Gemüse nachgewiesen wurden. Und im Menschen. Welche gesundheitlichen Folgen Mikroplastik im Körper langfristig verursacht, lässt sich zwar bislang nicht sicher sagen. Allergien, Krebs und Herzerkrankungen sind allerdings denkbar.
Was du tun kannst
Verschiedene Organisationen weltweit widmen sich bereits dem Plastikmüll in der Umwelt und dem Meer. Eine langfristigen Reduzierung ist jedoch nur möglich, wenn weniger Plastik in die Umwelt gelangt. Wie beim umgeschütteten Kaffeebecher, dessen Inhalt vom Tisch tropft, sollte man sich zunächst der Quelle widmen. Andernfalls “tropft” es immer weiter.
Die gute Nachricht: auf diese Weise kann jeder seinen Beitrag leisten. Die schlechte: es muss auch jeder seinen Beitrag leisten und die Nutzung von Plastik in seinem persönlichen Alltag reduzieren. Die RRR-Regel klingt dabei erstmal recht simpel umzusetzen: Reduce — Reuse — Recycle (Reduzieren — Wiederverwerten — Recyceln). In der Praxis ist es aber oft gar nicht so einfach, denn Plastik ist (fast) überall.
Achtsam einkaufen
Plastik im Alltag reduzieren beginnt beim Einkauf. Die Umstellung zu weniger Plastik in Supermärkten läuft — allerdings viel zu langsam. Meistens kommt man nicht drum herum, am Ende des Wocheneinkaufs einen großen Berg Plastik angehäuft zu haben.
Unverpackt
Die Alternative: unverpackt einkaufen. In vielen größeren Städten gibt es mittlerweile Läden, in denen man Plastikfrei und ohne Verpackung einkaufen kann. Flüssige Haushaltswaren wie Waschmittel und Co. können in Refill-Stationen in mitgebrachte Behälter gefüllt werden.
Den nächsten Unverpackt-Laden in deiner Nähe findest du auf den Karten vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) oder der Webseite Utopia.
Kosmetik
Mikroplastik entsteht nicht nur aus Makroplastik im Meer. In vielen Produkten des Alltags ist es bereits vorhanden. Viele Kosmetikprodukte enthalten Mikroplastik — sogar solche, die von Öko-Tests als “sehr gut” bewertet werden. Diese Plastikteilchen landen bei jeder Dusche im Abwasser und als “Klärschlamm” auf unseren Feldern.
Um das zu vermeiden, führt kein Weg an der kryptischen Liste mit Inhaltsstoffen herum. Man kann es sich aber einfach machen und muss nicht alle “Poly”-Vokabeln lernen. Spezielle Apps scannen den Barcode und zeigen im Ampelsystem, ob das Produkt umweltschädliche Stoffe enthält.
Wer keine Lust auf langes Scannen im Laden hat, kann sich vorher auf der “schwarzen” Liste vom BUND informieren, in welchen Produkten Mikroplastik enthalten ist. Die Liste ist lang. Eine Liste mit umweltfreundlichen Kosmetikprodukten stellt die Webseite Utopia bereit.
Wer die Produktion lieber ganz in der eigenen Hand hat, findet auf dem “Ocean Campus” der Surfrider Foundation Rezepte für Waschmittel, Zahnpasta und festes Shampoo.
Kleidung
Nicht nur in Kosmetikartikeln, auch in vielen Kleidungsstücken steckt Plastik. Allen voran unsere geliebten Yogaleggins aus Kunstfasergewebe. Bei jedem Waschgang lösen sich kleine Faserteilchen und landen im Abwasser. Was kann man tun? Beim Kauf von Klamotten Polyester, Polyamid, Polyacryl, Nylon, Elasthan oder Mikrofaser vermeiden.
Wenn die Kleidung aber nun schon im Schrank liegt: alles einfach wegwerfen ist auch keine nachhaltige Lösung. Das dagegen schon: so wenig wie möglich waschen, milde Waschmittel verwenden und keinen Weichspüler nutzen.
Yogamatten
Gleiches gilt auch für unsere schönen Yogamatten. Vor allem die günstigen Matten enthalten meistens Plastik. Auch hier gilt: wegwerfen und neu kaufen ist nicht die Antwort. Nutze deine Yogamatte lieber solange, bis sie auseinander fällt und verwerte sie danach am besten noch für etwas anderes oder verschenke sie an einen Yoganeuling, der sich noch keine eigene Matte kaufen möchte.
Für Neukäufe stellt die Utopia eine Liste mit nachhaltigen Yogamatten zur Verfügung.
Aufräumen
Du achtest im Alltag schon auf die Vermeidung von Plastik, willst aber noch mehr tun? Dann kannst du dich an Aufräum-Aktionen in deiner Nähe beteiligen. Die Surfrider Foundation richtet über das Programm Ocean Initiatives regelmäßig “Clean-Ups” aus.
In deiner Nähe ist demnächst keine Aufräumaktion, aber du willst trotzdem etwas tun? Dann mobilisiere deine Crew und veranstaltet euer eigenes Clean-Up. Bei der Ocean Initiative erhaltet ihr Veranstalter-Kits, mit allem was ihr hierfür benötigt.
In Zeiten von Corona sind solche Clean-Ups besonders notwendig. Überall verstreut auf Gehwegen, Straßen und im Gebüsch liegen sie: unsere FFP2 bzw. OP-Masken. Diese enthalten ebenfalls Mikroplastik und sind daher schädlich für die Umwelt.
Achte beim Aufsammeln der Masken aber bitte darauf, dass du Handschuhe und Mundschutz trägst.
Übrigens: Die Maske gehört — trotz Mikroplastik — NICHT in den gelben Sack sondern in den Restmüll, da sie nicht recyclebar ist.
Noch mehr?
Wenn das für dich alles ein alter Hut ist, dann unterstütze Organisationen wie die Surfrider Foundation durch eigene Tatkraft oder deinen Spendenbeitrag. Dadurch werden mehr Menschen über das Thema informiert und sensibilisiert. Und dann schaffen wir das schon, mit diesem Müll.
“Zweifle niemals daran, dass eine Gruppe aufmerksamer, engagierter Bürger die Welt verändern kann; tatsächlich sind es die Einzigen, die es überhaupt können.”
(Margaret Mead)
Wir unterstützen die Surfrider Foundation, indem wir von März bis einschließlich Mai 2021 7% unserer Einnahmen spenden. Bereits durch deine Teilnahme an unseren Yogaklassen leistest du einen Beitrag.
Mehr Infos findest du auf unserer Spendenseite “Mach Meer”.
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